Forschungshighlights des Fraunhofer IPMS

© 2013 Sven Döring / Agentur Focus
Waferabbildung eines eindimensionalen Flächenlichtmodulators.

Flächenlichtmodulatoren

Flächenlichtmodulatoren des Fraunhofer IPMS bestehen aus einer Anordnung von Mikrospiegeln auf einem Halbleiterchip, wobei die Spiegelanzahl anwendungsspezifisch aktuell von einigen hundert bis zu mehreren Millionen Spiegeln variiert. Hierbei kommt in den meisten Fällen ein hochintegrierter anwendungsspezifischer elektronischer Schaltkreis (ASIC) als Basis der Bauelementearchitektur zum Einsatz, um eine individuelle analoge Auslenkung jedes Mikrospiegels zu ermöglichen. Darüber hinaus entwickelt das Fraunhofer IPMS auch Ansteuerelektroniken für Spiegelarrays inklusive Software. Die Einzelspiegel, die anwendungsspezifisch in Zahl und Größe pro Chip variieren, können je nach Anwendung individuell gekippt oder abgesenkt werden, so dass ein flächiges Muster entsteht, mit dessen Hilfe z.B. definierte Strukturen projiziert werden. Hochauflösende Kippspiegelarrays mit bis zu 2,2 Millionen Einzelspiegeln werden von unseren Kunden als hochdynamische programmierbare Masken für die optische Mikrolithographie im Ultraviolett-Bereich eingesetzt. Die Spiegelabmessungen liegen hier bei 10 μm oder mehr. Durch das Auslenken der Mikrospiegel werden die Strukturinformationen mit hoher Bildrate in den Fotolack übertragen. Weitere Anwendungsfelder liegen in der Maskeninspektion und -messtechnik für die Halbleiterindustrie, in der Mikroskopie sowie in der Laserbeschriftung, ‑markierung und ‑materialbearbeitung.

Senkspiegelarrays, die auf 240×200 Einzelspiegeln (40×40 μm²) basieren, finden u.a. Anwendung in der Wellenfrontformung in adaptiv-optischen Systemen. Diese Systeme können Wellenfrontstörungen in weiten Spektralbereichen korrigieren und so die Wiedergabequalität von Bildern verbessern. Weitere Anwendungsbereiche sind die Augenheilkunde, Astronomie und Mikroskopie sowie die räumliche und zeitliche Laserstrahl- und Pulsformung.

© 2013 Sven Döring / Agentur Focus
Optischer Scankopf einer 3D-TOF-Kamera mit integriertem MEMS Scannerspiegel-Array des Fraunhofer IPMS.
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Flüssigkristall-Wellenleiter.

MEMS-Scanner

Das Fraunhofer IPMS entwickelt anwendungs­spezifisch siliziumbasierte aktive mikro­optische Komponenten. Den ersten Schwerpunkt bilden Mikroscannerspiegel. Am Institut wurden mehr als 50 verschiedene resonante MEMS-Scanner entwi­ckelt, die als ein- oder zweidimensional ablenkende Ele­mente oder auch zur optischen Weglängenmodulation eingesetzt werden. Mögliche Scan-Frequenzen reichen von ca. 0,1 kHz bis zu 100 kHz. Die Anwendungsbreite erstreckt sich von Strichcode-Lesesystemen über die 3D-Messtechnik bis hin zur Laserprojektion, Spektroskopie und Fokuslagenmodulation. Interessenten haben die Möglichkeit, über die Internetplattform www.micro-mirrors.com kundenspezifische Scanner schnell und kostengünstig für ihre Evaluierung zu beziehen. Neben den resonanten Scannern werden auch quasistatisch auslenkbare Mikroscanner für Anwendungen wie das Laserstrahlpositionieren oder vektorielles Scannen entwickelt.

Der zweite Schwerpunkt wird durch den Einsatz elektroaktiver Polymere gebildet. Diese werden z. B. als mechanische Aktoren oder unter Nutzung elektro-optischer Effekte zur Realisierung neuartiger aktiver optischer Elemente eingesetzt. Neben Flüssigkeitslinsen mit einstellbarem Fokus sind hier programmierbare Wellenleiter von besonderem Interesse. Letztere eignen sich z. B. für den Einsatz als optische Schalter oder als Dämpfungselemente (VOA) in der optischen Daten­übertragung.

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Mit der Li-Fi-GigaDock-Technologie können kurze Kabel und Steckverbinder bei Datenraten von bis zu 12,5 GBit/s ersetzt werden.

Drahtlose Mikrosysteme

Das Fraunhofer IPMS liefert im Bereich drahtlose Mikrosysteme produktnahe Teil- und Komplettlösungen für kunden- und applikationsspezifische Problemstellungen von der Hardware bis zur Software. Dies umfasst optisch drahtlose Kommunikation (Li-Fi), wartungsfreie und batterielose RFID-Sensorknoten, integrierte vernetzte Systeme, Track and Trace sowie Big Data und Datenanalyse. Technologische Schwerpunkte bilden die Entwicklung von Komponenten und Modulen im Bereich RFID und Li-Fi. Unterstützte Technologieknoten für passive Sensortransponder sind LF, HF, NFC und UHF. Fokussiert wird sich auf Antennendesign, kundenspezifische Hochfrequenz-ASICs, Sensorintegration und vernetzte RFID-Plattformen mittels OPC-UA. Die Entwicklungen der Li-Fi-Technologie teilen sich in Docking- und Hotspot-Lösungen für Datenraten von wenigen Kilobits pro Sekunde bis aktuell 12,5 GBit / s. Ziel ist es Stecker, Kabel und Funktechniken durch performante, echtzeitfähige optisch drahtlose Kommunikation in verschiedenen Anwendungen zu ersetzen. Entwicklungsschwerpunkte sind Optiken, analoge Frontends und spezielle Protokolle und Protokolladapter, um Li-Fi-Lösungen leicht an bestehende Infrastruktur anbinden zu können. Über OPC-UA gekoppelte RFID-Sensornetzwerke sowie Echtzeitortungstechnologien in Gebäuden bieten die Grundlage für nutzerspezifische Forschungsdienstleistungen. Dies sind beispielsweise Indoor-Navigation, ortsbezogene Dienste, Ortung von Assets in der Fertigung, elektronische Losbegleitscheine und Fertigungsoptimierung, Personaleinsatzplanung und vorbeugende Wartung von Equipment.

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Hyperspektralen Bildgebung am Beispiel eines Apfels.

Environmental Sensing

Im Bereich Environmental Sensing fokussiert sich das Fraunhofer IPMS auf die Entwicklung sensorischer Bauelemente, Komponenten und Subsysteme für den Einsatz in anwendungsspezifischen Geräten zur Erfassung und Auswertung von Umgebungszuständen. Dazu werden eigens am Fraunhofer IPMS entwickelte Mikrosystemtechnik-Bausteine als Festkörpersensoren, Ultraschallwandler und photonische Sensoren und Modulatoren auf Siliziumbasis vom Funktionsmuster bis in den Prototypenstatus und zur Vorserie entwickelt. Diese sensorischen Elemente werden in Systemen eingesetzt, die auch im Geschäftsfeld entworfen und umgesetzt werden können. Das Anwendungsspektrum reicht von der Lebensmittelüberwachung, der Wasser- und Bodenanalytik, der industriellen Messtechnik, dem Security-Bereich bis hin zur Medizintechnik. Zusätzlich bietet das Geschäftsfeld Machbarkeitsstudien, Testmessungen sowie die Charakterisierung von sensorischen Elementen und Systemen an. Das geschäftsfeldspezifische Know-how schließt umfangreiche Kenntnisse der Herstellung von MEMS-Komponenten, der Charakterisierung, Performance-Ermittlung und Arbeitspunktbestimmung für den jeweiligen Anwendungsfall ein. Das Geschäftsfeld nutzt modernes hochgenaues Mikromontage-Equipment, welches Platzierungsgenauigkeiten von Bauelementen im einstelligen Mikrometerbereich erlaubt, ebenso wie spektrale Charakterisierungstools (z. B. verschiedene Spektrometertypen NIR bis FTIR, Spektrographen, Monochromator mit Ulbrichtkugel, FFT-Analyzer). Auf dieser Grundlage ist es zum Beispiel möglich, modernste optische Mini-Spektrometer in der Größe eines Zuckerwürfels aufzubauen.

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Neuromorphic Computing

Die zunehmende Digitalisierung treibt die Anforderungen an elektronische Hardware stetig an. Geschwindigkeit, Leistungsfähigkeit, Miniaturisierung und Energieeffizienz werden zunehmend wichtiger, wenn es darum geht, Anwendungen im Bereich Big Data und Künstlicher Intelligenz (KI) zu ermöglichen.

Einen vielversprechenden Lösungsansatz bietet das sogenannte Neuromorphic Computing, bei dem die selbstorganisierende und selbstlernende Natur des Gehirns nachgebildet werden soll. Das Fraunhofer IPMS entwickelt vor allem für Anwendungen im Edge-Bereich Materialien, Technologien und komplette Hardware-Lösungen mit hoher Energieeffizienz.

Die technologischen Entwicklungen werden in verschiedenen Ausbaustufen verfolgt. Die sogenannten „tiefen neuronalen Netze“ (deep neural networks, DNN) sind mit Hilfe klassischer Technologien (z.B. SRAM oder Flash-basiert) schon in der Anwendung angekommen und bilden zunächst die Parallelität und Effizienz des Gehirns nach. Eine weitere Miniaturisierung und Reduzierung des Energieverbrauchs für Edge-Anwendungen ist unter Verwendung neuer, innovativer Technologien möglich. Die darauffolgende Generation der sogenannten „Spiking Neural Networks“ (SNN) versucht, zusätzlich die zeitliche Komponente der Funktionalität von Neuronen und Synapsen physikalisch nachzubilden, was eine noch höhere Energieeffizienz und Plastizität ermöglicht. Auch hier sind innovative Technologiekonzepte gegenüber klassischen Technologien vielversprechend.

Für beide Generationen neuromorpher Hardware erforscht das Fraunhofer IPMS Crossbar-Architekturen, die auf nichtflüchtigen Speichern, den ferroelektrischen Feldeffekttransistoren beruhen. Dies geschieht innerhalb verschiedener europäischer (TEMPO, ANDANTE, STORAIGE) und Fraunhofer-intern geförderter Projekte. Besonders innovative Materialforschung für zukünftige SNNs mittels Li-basierter Systeme wird innerhalb des sächsischen Projektes MEMION betrieben.

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Quantencomputing

Quantencomputer haben das Potenzial, die Grenzen herkömmlicher Rechensysteme um ein Vielfaches zu überschreiten. Medizin, Logistik, Materialentwicklung und Kryptographie sind nur einige der Felder, die durch Quantencomputer enorme Fortschritte erfahren können. Obwohl es bereits eine Vielzahl verschiedener Ansätzen für Quantencomputer gibt, existieren derzeit in Deutschland nur wenige Realisierungen, die über den Laboraufbau hinausgehen.

Daher forscht das Fraunhofer IPMS zusammen mit deutschen und europäischen Partnern an skalierbaren Technologien für Halbleiter-Qubits. Dafür entwickeln wir industrienahe CMOS-kompatible Fertigungsmethoden. Wir beschäftigen uns von Materialscreening über Prozessentwicklungen und neuen Integrationskonzepten bis hin zur Charakterisierung und Implementierung notwendiger Ansteuerelektronik mit allen wichtigen Bestandteilen von Quantencomputern. Die hochmoderne 300-mm- Halbleiterinfrastruktur des Center Nanoelectronic Technologies bietet hierfür ausgezeichnete Voraussetzungen.

Unsere Forschungsthemen auf einen Blick:

  • Herstellung von Qubits und deren elektronischem Interfacing, mit besonderem Hinblick auf industrienahe Skalierbarkeit (Si/ SiGe-, Si-MOSFET- und supraleitende Qubit-Technologien)
  • Entwicklung von neuen und optimierten Materialien, Prozessen und Integrationskonzepten für die Kryoelektronik sowie supraleitenden Metallisierungskonzepte
  • Entwicklung von Fertigungsprozessen zur Nanostrukturierung, aber auch Materialentwicklung und elektrische Ansteuerungen aus dem CMOS-Bereich